Schublade mit Bienen und Honig, © TourismusMarketing Niedersachsen GmbH
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Kerrit Riesbek und Ulrike Eggers

Ein Be­such in der zer­ti­fi­ziert nach­hal­ti­gen Stadt Cel­le


Sie steht da wie angewurzelt, den Kopf voller Locken, um den Hals eine Perlenkette, in der einen Hand den blauen Rock ihres Kleides gerafft, an der anderen ihren geliebten Schimmel – Herzogin Eleonore d’Olbreuse. Um sie herum schwirren unzählige Bienen, die nach und nach auf das Amulett vor ihrer Brust zusteuern, darauf landen und durch ein pflaumengroßes Loch hineinkrabbeln. „Das ist eine Figurenbeute. Im 18. Jahrhundert haben Imkereien solche Figurenbeuten aus hohlen Baumstämmen geschnitzt. Im Inneren können die Bienen frei ihre Waben bauen. Wir haben sie zum 75. Jubiläum unseres Instituts von einer Schnitzerin geschenkt bekommen.“, sagt Martina Janke, die neben der knapp drei Meter hohen Holznachbildung derjenigen Frau steht, die im 17. Jahrhundert als Herzogin von Braunschweig-Lüneburg-Celle genau hier einen Französischen Garten anlegen ließ.

Das Bie­nen­in­sti­tut im Fran­zö­si­schen Gar­ten von Cel­le


Wer heute durch die offen zugängliche Gartenanlage spaziert, hört es summen und brummen. Denn die grüne Oase mitten im Stadtkern von Celle beheimatet neben unzähligen Pflanzen auch die fleißigen Bienchen des Instituts für Bienenkunde. Seit 1927 werden hier in der Stadt an der Lüneburger Heide Imkerinnen und Imker ausgebildet und im Labor unter Leitung von Martina Janke an Projekten zur Bienenhaltung, Landwirtschaft und zum Pflanzenschutz geforscht. „Die Heide wird schon seit Jahrhunderten von Imkern als Tracht für die Bienenvölker genutzt“, erzählt sie. „Viele der traditionellen Betriebsweisen beeinflussen noch heute unsere Arbeit mit unseren 800 Bienenvölkern.“ 

Für ei­ne bie­nen­freund­li­che Zu­kunft


Martina läuft weiter über das Gelände, bleibt ab und an stehen und erzählt, was es mit all den unterschiedlichen Bienenkörben und Kästen auf sich hat. Es sind ihre Erzählungen, die in Erinnerung rufen, was für eine große ökologische und ökonomische Bedeutung Bienen haben. Denn erst durch ihre Bestäubung können sich wildwachsende Blütenpflanzen vermehren und landwirtschaftliche Erträge gesichert werden. Aus diesem Grund greifen hier im Institut Forschung und Lehre Hand in Hand. „Alle neuen Erkenntnisse, die wir sammeln, geben wir in der Ausbildung direkt an die Imkerinnen und Imker weiter. Oder nutzen sie, um Unternehmen und Obstbauern zu beraten, die bienenfreundlicher wirtschaften wollen. So arbeiten wir immer auf dem aktuellsten Wissensstand“, erzählt Martina.

Ei­ne Füh­rung über das In­sti­tuts-Ge­län­de


Es ist herbstlich frisch an diesem Septembermorgen. Im Gras glänzen Tautropfen im Licht schwacher Sonnenstrahlen, die sich tapfer durch die leichte Wolkendecke kämpfen. Viele Pflanzen sind bereits verblüht. Nur das Heidekraut leuchtet noch in kräftigem Pink und Lila am Rand des Weges, den gerade eine sechsköpfige Gruppe entlang läuft. Mit von der Partie sind auch Kerrit Riesbek und Ulrike Eggers. Die gelernten Gäste-Führerinnen bieten bereits seit mehreren Jahren Führungen über das Gelände und durch das Bienenmuseum des Instituts an und versorgen Gäste dabei mit spannenden Fakten über die traditionelle Heide-Imkerei und die Biologie der Bienen.

Jetzt führen sie die Gruppe durch den Rundbogen einer alten Backsteinmauer zu zwei schmalen Bienen-Kästen. Kerrit tritt an einen der Kästen heran, greift nach dem daran befestigten silbernen Griff und öffnet ein Sichtfenster, das den Blick auf den kleinen Bienenstock im Inneren freigibt. Hunderte Bienen wuseln hier zwischen honigfarbenen Wachswaben umher. „Das ist einer unserer Beobachtungsstöcke.“, erzählt Kerrit. „Hier können Besucher die Arbeit der Bienen beobachten und sich einen Eindruck darüber verschaffen, wie es im Inneren eines solchen Bienenstocks aussieht.“

Nach­hal­tig­keit er­le­ben


Das Bieneninstitut ist nur einer von vielen Orten in Celle, an dem Besucher Nachhaltigkeit so hautnah erleben können. Denn die kleine Stadt, in der sich ein uriges Fachwerkhaus an das andere reiht, ist ein echtes Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit. Seit 2016 hat Celle einen Nachhaltigkeitsrat, dem es zu verdanken ist, dass die Stadt an der Lüneburger Heide seit 2017 als nachhaltiges Reiseziel zertifiziert ist. Grund hierfür sind unter anderem die vielen städtischen Betriebe, die sich im Verbund mit den Stadtwerken Celle dazu entschieden haben, so ressourcenschonend wie möglich zu wirtschaften. Seitdem beziehen sie beispielsweise zu hundert Prozent Ökostrom, verwenden ausschließlich regionale Produkte, vermeiden lange Transportwege bei dem Einkauf ihrer Waren oder installieren Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern, um Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Auch das Celler Badeland, das nur wenige Gehminuten vom Bieneninstitut entfernt liegt, leistet seinen Beitrag, indem es sich aus eigener Quelle mit Wärme und Strom versorgt.

Grü­ner Strom für das Cel­ler Ba­de­land


Wie funktioniert das? „Mithilfe von zwei großen Blockheizkraftwerken“, erklärt Thomas Edathy, der Geschäftsführer der Stadtwerke. Er steht oben an der Rutsche des Außenbeckens und blickt mit zufriedenem Gesichtsausdruck über das großzügige Gelände des Freizeitbads. Dabei erklärt er, wie so ein Blockheizkraftwerk (BHKW) funktioniert: „Bei dem BHKW wird mithilfe eines Turbinenkonstrukts Erdgas verbrannt. Dadurch kann nicht nur Strom erzeugt werden. Bei dem Prozess der Verbrennung entsteht auch automatisch Wärme.“ Für die Umwelt ist das von Vorteil, weil die Wärme- und Stromerzeugung hier nicht getrennt voneinander ablaufen, wodurch der CO2-Ausstoß um ein Drittel gesenkt werden kann. 

Insgesamt wird mit den beiden BHKW’s so viel Energie erzeugt, dass sich das Badeland komplett autonom mit Wärme und Strom versorgen kann. Schwimmbecken, Duschwasser, Saunen – alles wird hier mithilfe der eigens produzierten Energie beheizt. Zeitweise erzeugt das BHKW so viel Strom, das sogar andere Unternehmen mit versorgt werden können. Entsteht während der Stromgewinnung überschüssige Wärme, die nicht in das Badeland abgeleitet werden kann, wird sie in zwei 60.000 Liter großen Wassertanks gespeichert und bei Bedarf wieder in das Heizsystem des Freizeitbads eingespeist. Auf diese Weise wird nichts von der gewonnenen Energie verschwendet. 

Ei­ne nach­hal­ti­ge Sau­na­land­schaft


Thomas steigt die Stufen des Rutschturms hinunter und steuert auf ein Gebäude am Rand des Geländes zu, das von einem hohen Holzzaun umgeben ist. Die neueste nachhaltige Errungenschaft des Celler Badelands: Eine Event-Sauna, die mit Wärmerückgewinnung und Solarenergie betrieben wird. Aus der geöffneten Tür dringt der Geruch von frischem Holz und Saunaaufguss. Die Sauna im Inneren ist hell und großzügig. 50 Gäste können hier besondere Aufgüsse, wie Klangschalenaufgüsse und Bieraufgüsse erleben. Saunameister Jeffrey Müller steht in der leeren Sauna und bereitet gerade den nächsten Saunaufguss vor. Auf seinen Haaren sitzt bereits der spitze Filzhut, der seinen Kopf vor der Hitze schützt.

Hitze, die hier nicht nur zum Schwitzen genutzt wird, wie Thomas erklärt. „Durch Wärmerückgewinnung können wir mit der Wärme der Sauna auch noch die Duschkabinen und den Ruheraum beheizen.“

Die Fenster im Flur des Saunahauses geben den Blick auf den Innenhof frei. Eingewickelt in Bademäntel und Handtücher liegen hier einige Saunagäste auf Liegestühlen und genießen mit geschlossenen Augen die Herbstsonne. Und der haben sie hier im Celler Badeland nicht nur eine Portion Vitamin D zu verdanken, sondern auch ihr warmes Duschwasser. Denn wer genau hinschaut, entdeckt nur wenige Meter über seinem Kopf schwarze Solaranlagen auf dem Dach der Sauna, mit deren erzeugter Energie problemlos das komplette Duschwasser erhitzt wird.

„Mit Bauprojekten wie diesen müssen die Celler Stadtwerke jedes Jahr aufs Neue unter Beweis stellen, dass die Stadt ihre Zertifizierung als nachhaltige Stadt verdient hat.“, sagt Thomas. Für das Celler Badeland bedeutet das im kommenden Jahr eine verbesserte Wärmedämmung und ein begrüntes Dach. Für die Stadt Celle bedeutet es einen weiteren Schritt in Richtung einer nachhaltig gestalteten Zukunft.