Blick auf ein Haus im destinature Dorf Hitzacker, © TourismusMarketing Niedersachsen/ Isabela Pacini
© TourismusMarketing Niedersachsen/ Isabela Pacini

Die Na­tur als Ho­tel


Weich gebettet mitten in der Natur zu schlafen, das klingt nach einem Widerspruch. Ist es aber nicht – jedenfalls nicht im destinature Dorf in Hitzacker, wo Nachhaltigkeit und Luxus raffiniert kombiniert werden. Und das auf äußerst charmante und effiziente Weise.

Natur ist Luxus: Urlaub im destinature Dorf Hitzacker

15+ ist unsere neue Glückszahl. Wer schon einmal im destinature Dorf in Hitzacker übernachtet hat, ahnt vielleicht, weshalb. Denn 15 ist die Nummer der kleinen Holzhütte, in der wir, meine gute Freundin Isabella und ich, einen zweitägigen Zwischenstopp auf unserer Radreise zwischen Dresden und Hamburg einlegen. Und das “plus” steht für besonderen Komfort, nämlich für Waschbecken und Toilette direkt in der Hütte. Magische Worte für alle, die schon mal auf einem Campingplatz übernachtet haben und wissen, was es heißt, sich in finsterer Nacht zum nächsten Sanitärblock vortasten zu müssen. Unsere Hütte befindet sich ganz am Rand der kleinen Feriensiedlung. Jede Menge Privatsphäre gehört dazu. Und eine große Terrasse aus Holz, die auf das Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue hinausgeht, sodass wir nur von unserem direkten Nachbarn etwas mitbekommen: einem Biber, der sich aus Ästen unweit unserer Hütte einen riesigen Bau im Feuchtgebiet errichtet hat. Während unserer Tage in “15+” versuchen wir ihn mit dem Fernglas jeden Abend im wuchernden Grün ausfindig zu machen, leider erfolglos.  


Das destinature Dorf liegt in Hitzacker, einem Kneipp-Kurort im Wendland, an dem der Elberadweg vorbeiführt. Das Dorf präsentiert sich wie ein gehobener Campingplatz; es gibt ein Café, Sanitär- und Geschirrspülanlagen und einen Wellnessbereich. Was es nicht gibt, sind Wohnmobile, -wagen oder Zelte. Im destinature Dorf wird stattdessen in Holzhütten geschlafen, die in vier verschiedenen Größen und Ausstattungen angeboten werden.

Ein Campingplatz ohne Camping

Gegründet wurde das Dorf von Eva und Holger Danneberg, zwei einfallsreichen Designern, deren Kreationen in vielen deutschen Haushalten zu finden sind. Das Ehepaar hat vor über 30 Jahren die Firma Werkhaus ins Leben gerufen. Eine Marke, unter der nachhaltige Büro- und Wohnaccessoires als Stecksystem aus Holz und Gummibändern angeboten werden. Die Holzhütten im destinature Dorf und ihre Einrichtung wurden von den Dannebergs nach einem ähnlichen Baukastenprinzip entworfen und errichtet. Das ist praktisch und besonders nachhaltig, denn so können kaputte Teile schnell und einfach ausgetauscht und die Hütten ohne Rückstände zurückgebaut werden.


“Ich habe so tief geschlafen”, seufzt Isabella glücklich und streckt die Beine aus. Es ist unser erster Morgen im destinature Dorf, wir sitzen in Pyjamas auf der Holzterrasse, halten Tassen mit dampfendem Tee in der Hand und halten Ausschau nach unserem Biber-Nachbarn. Auch ich habe in unserem gemütliche Refugium aus hellem Holz wie ein Stein geschlafen. In der Hütte duftet es fein nach Zirbe, deren ätherische Öle beruhigend wirken, und die Luft bleibt auch nachts trocken und angenehm warm. “Wollen wir für abends noch mal einen Badezuber im Wellnessbereich buchen?” frage ich und betrachte meine jetzt wieder glatten Finger, die gestern Abend nach dem zweistündigen Bad unter dem Sternenhimmel ganz schrumpelig waren. “Unbedingt”, begeistert sich Isabella. Sie freut sich schon darauf, später höchstpersönlich den kleinen Ofen einzuheizen, damit das Wasser im Zuber richtig wohlig warm wird. 

Nachhaltigkeit als Herzensangelegenheit

Natürliches Wohlgefühl, aber auch Langlebigkeit, Regionalität und Bio-Qualität sind den Dannebergs echte Herzensangelegenheiten. Das ist an jeder Ecke zu erkennen. An den aus alten Flaschen hergestellten, wiederauffüllbaren Seifenspendern (die Seife duftet übrigens köstlich nach Zitrus-Olivenöl). An den geruchsneutralen Kompost-Toiletten in den Plus-Hütten. Am Gras zwischen den Holzhütten, das romantisch wildwuchern darf. Und nicht zuletzt auch im Bistro, in dessen Küche ausschließlich Bio-Produkte verwendet werden. 


Das geht schon morgens los. Am Frühstücksbuffet laden wir uns würzigen Käse, cremige vegane Aufstriche, goldgelbe Butter und knusprige Brötchen auf den Teller. Alles hier ist nachhaltig, vielfältig und köstlich. „Ich finde ja, dass man eine gute “Bett + Bike”-Unterkunft vor allem am Frühstück erkennt“, sagt Isabella mit einem Augenzwinkern, als wir gemeinsam am Tisch sitzen und ich ein drittes Brötchen dick mit Butter und Honig bestreiche.

Ein guter Start in den Tag

Nach dem Frühstück schwingen wir uns zu einer kleinen Erkundungstour auf das Fahrrad. Auf dem Plan stehen die kleinen, feinen Highlights von Hitzacker. Der Weinberg, von dem wir lange den Ausblick auf die Stadt und den breit dahinfließenden Elbestrom genießen. Die kreisrunde Altstadtinsel, deren Fachwerkhäuser trotz ihres Alters stolz ihre Dächer himmelwärts recken. Und natürlich die Elbe selbst. Der Fluss ist hier von kleinen, halbkreisförmigen Sandbuchten gesäumt, an denen jetzt am späten Nachmittag viele Menschen sitzen, die Sonne genießen und sogar Sandburgen bauen. An einer freien Bucht breiten wir unsere mitgebrachte Decke aus, legen uns in den Sand und schauen entspannt den Booten nach, die gelegentlich an uns vorbeituckern.  


Abends im Bistro setzen sich Holger und Eva Danneberg auf ein Getränk zu uns an den Tisch. Die beiden wohnen im Wendland und schauen gerne in ihrem Feriendorf vorbei. „Man kann bei uns richtig gut abschalten“, findet Holger und schaut sich zufrieden um. Wie sie auf die Idee mit dem Feriendorf kamen? „Wir sind selbst begeisterte Tourenradler und haben uns auf unseren Reisen immer einen Ort wie diesen gewünscht. Einen, der Natur mit Nachhaltigkeit und Luxus kombiniert.“ Luxus auf Danneberger Art sieht übrigens so aus: ein gemütliches Bett, in dem es sich eingekuschelt in Bio-Bettwaren herrlich erholsam schlafen lässt. Ein Wellnessbereich mit Saunen, Lichterketten und Whirlpools. Tage im Einklang mit der Natur, hochwertige und köstliche Bio-Gerichte und lange Abende am fröhlich prasselnden Lagerfeuer. Weil es solch einen Ort noch nicht gab, schufen sie ihn selbst und starteten 2020 in ihre erste Saison. Ihr Dorf war von Anfang an ein voller Erfolg; schon 2021 wurde ihnen beim Deutschen Tourismuspreis der Publikums- sowie der erste Preis verliehen. Für die Zukunft hätten sie noch einige Pläne, verrät Eva Danneberg. Ein Raum für Yogakurse und Veranstaltungen soll entstehen, dazu ein neues Hauptgebäude mit Bistro und großer Küche sowie ein kleiner Sportplatz. Platz sei auf dem Gelände noch genug. Zwischen den Hütten solle aber auch weiterhin so viel Abstand bleiben, dass jeder, der wolle, seine Ruhe haben könne, versichert uns Holger Danneberg schmunzelnd. 

Wie an jedem Abend erklingt auch an unserem letzten ein mehrstimmiges Froschkonzert aus den Tiefen des Biosphärenreservats. Konditioniert wie ein Pawlow’scher Hund, werde ich nach wenigen Minuten müde, und auch Isabella knipst kurze Zeit später ihr Nachtlicht aus und kuschelt sich tief in die weiche Decke. Es ist schön, abends von der Natur in den Schlaf gequäkt und morgens wachgezwitschert zu werden. Kurz denken wir darüber nach, das Konzert mit dem Handy aufzunehmen. Doch um zu Hause so gut zu schlafen wie hier, müssten wir wohl auch die Natur in der Fahrradtasche verstauen. Aus diversen Gründen entscheiden wir uns dagegen. Lieber kommen wir möglichst bald wieder.