Ein Paar geht durch den Park der Gärten in Bad Zwischenahn spazieren, © Ostfriesland Tourismus GmbH / www.ostfriesland.de
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Autorenbild Roll the Planet

Mit al­len Sin­nen durch den Park der Gär­ten


Wer Braille-Schrift lesen kann, wird vom Wasserstrahl verschont, die Rinde eines Apfelbaumes fühlt sich an als wären hunderte Hieroglyphen hinein geritzt und Minzeblätter entfalten ihren Duft an den Fingerspitzen, wenn man sie reibt. Das entdecken wir in der Impressionslandschaft im Park der Gärten in Bad Zwischenahn. Auf 14 Hektar warten außerdem 43 Mustergärten, ein riesiger Rhododendron-Park und ein bäuerlicher Nutzgarten.

Ein Cottage-Garten mit duftendem Lavendel, ein heilender Garten mit heimischen Kräutern oder ein streng symmetrisch angelegter Zen-Garten mit Koi-Karpfen-Teich? Gut, dass wir uns nicht für einen Garten entscheiden müssen sondern uns einfach durch sie treiben lassen können. Das Ammerland im Nordwesten Niedersachsens bietet mit seinen fruchtbaren Böden und der Nähe zum Zwischenahner Meer beste Bedingungen für das Anlegen von Parks und Gärten. Hier hat sich auch das größte Baumschulgebiet Europas angesiedelt. In Bad Zwischenahn erkunden wir die weite Welt der Pflanzen und Gärten in einem einzigen Park – und können uns nur schwer vorstellen, dass das satte Grün und bunte Blühen vor noch gar nicht langer Zeit noch ein Acker war: Der Park der Gärten, Deutschlands größte Mustergartenanlage, wie wir erfahren, entstand erst aus der Landesgartenschau 2002. Und weil die Frau des Gründers Rollifahrerin ist, wurde bei der Planung von Anfang an besonderes Augenmerk auf die Barrierefreiheit gelegt. Und gelungen umgesetzt, finden wir.

Der Meinung ist auch Klaus Harms aus Bad Zwischenahn. „Ich fühle mich wohl hier und interessiere mich für die Anlage und Kultur der Gärten. Weil ich selber Obstbäume habe, besuche ich auch jedes Jahr den Apfeltag. Meine Frau guckt lieber Blumen an“, erzählt der Rollifahrer. Kleine Einschränkungen in Sachen Barrierefreiheit hat er aber dennoch: „Die Aussichtsplattform ist nicht zugänglich und die Wege in den Mustergärten sind teilweise zu schmal“, erzählt Harms beim Strandkorb-Schnack. Von dem barrierefreien Strandmöbel war der Ammerländer ziemlich angetan – zumal er sich bei unserem Treffen vor dem Park fragte, wie er denn da rein kommen solle. Einfach rückwärts einparken und die Sonne genießen, die wie bestellt aus den Wolken strahlt.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt im Park der Gärten auch auf der Erlebbarkeit für Blinde und Sehbehinderte Menschen. In der Impressionslandschaft können Pflanzen, Baumrinden, Steine und vieles mehr ertastet, gefühlt und erschnuppert werden. Statt des oft flüchtigen Blickes lassen wir andere Sinne arbeiten und sind ziemlich überrascht, dass eine Baumrinde nicht einfach eine Baumrinde ist: Die Rinde einer Hemlocktanne ist stark strukturiert, die einer Sandbirke wunderbar glatt und in eine Apfelbaumrinde sind scheinbar unzählige Hieroglyphen eingeritzt. Auch die Welt der Steine ist spannend: Klar, ein Lavastein hat eine charakteristische Oberfläche und ein griechischer Kalk-Lochstein auch. Aber Kalkstein oder Marmor zu unterscheiden ist schon schwieriger. Am Blindenbrunnen ist klar im Vorteil, wer die Brailleschrift beherrscht: Das Wasserspiel in der Brunnenmitte lässt sich durch verschiedene, in den Brunnenskulpturen versteckten Tasten aktivieren. Wer den prominent auf dem Brunnenrand platzierten roten Knopf drückt, spritzt sich selber nass: „Da drückt natürlich jeder Sehende drauf. Blinde sind hier im Vorteil, denn die Brailleschrift auf dem Brunnen warnt vor dem Spritzer“, freut sich Park der Gärten Geschäftsführer Christian Wandscher.