CC-BY Isabela Pacini, CMR

Juist nachhaltig erleben

Urlaub auf den Ostfriesischen Inseln

Die Ostfriesischen Inseln verzaubern mit unberührter Natur, meist autofreien Straßen und einem entschleunigten Lebensrhythmus. 

Doch hinter dieser Idylle steckt nicht zuletzt auch der Kampf um den Erhalt der Inselwelt, denn der Klimawandel bedroht ihre Existenz. Deshalb haben sich die Insulaner den Schutz der Umwelt zur Lebensaufgabe gemacht und setzen auf konsequente Nachhaltigkeit in allen Bereichen – ob klimaneutrale Mobilität, regionale Küche oder die Stärkung der Gemeinschaft. 

„Es ist keineswegs gesichert, dass es die Ostfriesischen Inseln in 100 Jahren noch geben wird."
Thomas Vodde, Marketingleiter und Nachhaltigkeitsexperte der Insel Juist
Thomas Vodde - Marketingleiter der Insel Juist

Nachhaltigkeit erleben

Ein Besuch auf der Insel Juist

Die salzige Nordseeluft streicht über die Dünen. Kein Motorengeräusch, kein hektisches Treiben stört die Ruhe. Nur das sanfte Hufgetrappel von Pferden und das gelegentliche Kreischen einer Möwe ist zu hören. Blickt man über die schmalen Straßen, die niedrigen Häuser und das allumschließende Grün der Insel, ist es, als sei auf Juist die Zeit stehengeblieben – und das auf die schönstmögliche Weise. Auf der autofreien Ostfriesischen Insel hat man sich schon lange dem Prinzip der Nachhaltigkeit verschrieben. 

Marketingleiter Thomas Vodde lebt seit über 25 Jahren dort und widmet sich leidenschaftlich dem Thema Nachhaltigkeit. Kein Wunder, denn Juist sowie die anderen Ostfriesischen Inseln bekommen die Auswirkungen des Klimawandels bald drastisch zu spüren. Der steigende Meeresspiegel und die zunehmende Erosion könnten in Zukunft dazu führen, dass Teile der Inseln in den Fluten verschwinden. Für die Bewohnerinnen und Bewohner ist die reale Bedrohung eine ständige Erinnerung daran, nachhaltig zu leben. 

Wir sitzen mit Thomas Vodde in einem Café in der kleinen Innenstadt von Juist, die nur wenige Meter vom Hafen entfernt liegt. Gerade hat wieder eine große Fähre angelegt und die ersten Passagiere gehen durch die Hauptstraße. Einige von ihnen ziehen mit Strandutensilien und Koffern voll beladene Handkarren hinter sich her. Und auch die Zahl der Lastenräder mit großen Transportkisten nimmt kurzzeitig zu, wenn wieder eine Fähre ihre Waren am Hafen ablädt. 

Autos sucht man hier vergebens. Juist ist, wie die meisten Ostfriesischen Inseln, autofrei. Die wenigen Fahrzeuge, die es gibt – Krankenwagen, Feuerwehrauto und ein Fahrzeug des Rettungsdienstes – sind die Ausnahme. Alles andere wird per Hand, mit dem Lastenrad oder mit Pferdekraft transportiert. „Die Mobilität auf Juist ist fast komplett emissionsfrei. Das Fahrrad und die eigenen Füße sind hier die wichtigsten Fortbewegungsmittel“, erklärt Vodde stolz. 

Das Wattenmeer verstehen

Balance zwischen Naturerlebnis und Naturschutz

Ein paar Straßen weiter besuchen wir Jens Heyken im Nationalpark-Haus Juist. Der Leiter des Nationalpark-Hauses arbeitet seit 25 Jahren hier und hat die Veränderungen auf der Insel miterlebt. Er und sein Team sorgen dafür, dass Einheimische wie Gäste den Wert des Wattenmeers verstehen und schätzen lernen. 

Jens Heyken, Juist
CC-BY Anna Carneiro, CrossMedia Redaktion

„Das Wattenmeer ist das größte Wattengebiet der Erde“, erklärt Heyken. „Es ist ein einzigartiger Lebensraum mit extremen Bedingungen, denen nur wenige Arten trotzen können.“ Heyken führt uns durch das Nationalpark-Haus, wo eine interaktive Ausstellung die Besonderheiten des Wattenmeers aufzeigt. Herzmuscheln, Wattschnecken, Wattwürmer, Nordseegarnelen und Strandkrabben – die sogenannten „Small Five“ – sind die Stars dieser Wasserlandschaft.

© Isabela Pacini, CMR
Der Tourismus und der Schutz des Wattenmeers gehen hier Hand in Hand. Unsere Gäste kommen wegen der unberührten Natur und der vielfältigen Tierwelt. Wir sorgen dafür, dass Flora und Fauna dadurch nicht beeinflusst oder sogar beschädigt werden. Unser oberstes Ziel ist, die Balance zwischen Naturerlebnis und Naturschutz zu wahren.
Jens Heyken, Leiter des Nationalpark-Hauses Juist

Sei ein Teil der Lösung: 

Nachhaltigkeit auf den Ostfriesischen Inseln erleben

Die Menschen können selbst auch aktiv zum Naturschutz beitragen. Wie, erzählt Herr Vodde auf seiner Fahrradtour “Juist unplugged”. Während der dreistündigen Führung fährt er gemeinsam mit den Gästen zu verschiedenen Spots auf der Insel und erzählt Informatives und Spannendes über die Nachhaltigkeit auf Juist. Bei einem Stopp auf der Aussichtsplattform Otto-Leege-Pfad verrät er zum Beispiel, wie wichtig es ist, dass sich alle an das Wegegebot und an ausreichend Abstand zu Wildtieren halten. 

Sauberkeit an den Stränden der ostfriesischen Insel Juist

Und er erzählt von den Strandmüllboxen, die auf den Ostfriesischen Inseln aufgestellt wurden. „Wir bitten die Gäste, beim Spaziergang am Strand drei Stücke Müll aufzusammeln und in die Boxen zu werfen. In einem Jahr haben wir so mehr als sieben Tonnen Müll gesammelt“, berichtet Vodde stolz.

Engagement mit Mehrwert

Der Nordsee-Reisepass

© Isabela Pacini, CMR

Das Engagement der Urlauberinnen und Urlauber wird auch durch verschiedene Aktivitäten gefördert. Eine dieser Aktionen ist der Nordsee-Reisepass, den Gäste für 10 Euro unter anderem im Nationalpark-Haus Juist kaufen können. An verschiedenen Stationen auf den Inseln und an der Küste können sie Stempel sammeln – ähnlich wie bei einem Pilgerpass. Die Erlöse aus diesem Projekt werden in Küstenschutzmaßnahmen investiert. Zum Beispiel in die Pflanzung von „Tiny Forests“, kleinen Waldgebieten, die CO2 binden und an heißen Tagen Schatten spenden. „Es geht darum, den Menschen zu zeigen, dass sie Teil der Lösung sein können“, sagt Vodde.

© Isabela Pacini, CMR

Genial
regional

© Isabela Pacini, CMR

Wie gut regionale Kost schmecken kann, beweist Küchenchef Stefan Danzer in seinem Hotel Achterdiek.

In die Töpfe kommen im Hotel Achterdiek ausschließlich Waren aus der Nähe – so gut das eben auf einer Insel ohne Landwirtschaft geht. 

„Wir beziehen unsere Produkte so regional wie möglich“, erklärt Stefan Danzer uns, während er geschickt die Ente in der Pfanne wendet. „Auf unserer Insel gibt es weder Bauern noch andere Lebensmittelhersteller. Zwei Beispiele: Unser Brot kommt vom nahen Festland und unser Kaffee wird auf der Nachbarinsel Langeoog geröstet.“ Nach weiteren Handgriffen hat er die Ente fertig gebraten und sie zusammen mit Wirsinggemüse und Schupfnudeln auf einem Teller kredenzt. 

Klingt bodenständig und schmeckt herrlich nach Haute Cuisine.

Danzer ist Mitglied der Slow-Food-Bewegung und legt großen Wert auf die ganzheitliche Verarbeitung der Lebensmittel. „In unserer Küche wird nichts verschwendet. Fischgräten und Knochen etwa verwenden wir für Fonds und aus den Gemüseabschnitten kochen wir eine kräftige Gemüsebrühe“, erklärt er. 

Die Nachhaltigkeit auf Juist und den Ostfriesischen Inseln geht jedoch weit über das kulinarische und touristische Erlebnis hinaus; sie betrifft auch den Erhalt der Gemeinschaft. Auf den Inseln leben die Menschen oft seit Generationen miteinander. Diese starke soziale Bindung spiegelt sich auch in der Art wider, wie Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden. Danzer: „Unsere Mitarbeitenden sind wie eine Familie.“ Viele arbeiten seit Jahren im Hotel, kennen die Stammgäste beim Namen und merken sich deren Vorlieben. Um sie zu halten, bietet die Hoteliersfamilie Mitarbeiterwohnungen an und die Perspektive, lange im Hotel beschäftigt zu werden. “Das bringt nicht nur Stabilität, sondern auch eine gemeinsame Vision“, erklärt Danzer.

© TourismusMarketing Niedersachsen GmbH, Dietmar Scherf

Kleine Insel, große Ambitionen

Klimaneutral in 2030

Juist hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2030 will die Insel klimaneutral werden. Die CO2-Bilanzen sind aktuell schon gar nicht so schlecht. „Die gesamte Insel verbraucht im Jahr so viel CO2 wie ein Airbus A380, der zweimal von Frankfurt nach Neuseeland hin- und zurück fliegt – und da sind die Übernachtungsgäste mitsamt ihrer Anreise schon mitgezählt“, verrät Vodde und fügt hinzu: „Wir haben aber noch einen langen Weg vor uns“.

Um das Ziel zu erreichen, setzt Juist auf verschiedenste Maßnahmen. Eine dieser Initiativen ist die Umstellung auf erneuerbare Energien. Im Schwimmbad der Insel sorgt eine große Solarthermieanlage dafür, dass der CO2-Ausstoß minimiert wird. „Das mag im Vergleich zu großen Städten wie Berlin oder Hamburg wenig erscheinen, aber für eine kleine Insel wie Juist ist das ein wichtiger Schritt“, sagt Vodde.

Auch die Bewegung “Islands for Future” gehört dazu. Damit machen die Bewohner und Bewohnerinnen deutlich, dass sie ihre Heimat schützen wollen – nicht nur für sich selbst, sondern auch für kommende Generationen. „Unsere Jugendlichen haben Angst, dass ihre Kinder nicht mehr auf der Insel leben können“, erzählt Vodde. Doch anstatt sich von dieser Angst lähmen zu lassen, packen sie an. Sie sammeln Müll, pflanzen Strandhafer zum Küstenschutz und setzen sich für klimafreundliche Projekte ein.

Die Ostfriesischen Inseln sind ein gelungenes Beispiel dafür, wie nachhaltiges Handeln in alle Bereiche des Lebens integriert werden kann – von der ökologischen über die ökonomische bis hin zur sozialen Ebene. Und während die Nordsee an den Stränden nagt,

Eine Reportage in zwei Teilen

Juist nachhaltig erleben

Darstellung externer Inhalte
Darstellung externer Inhalte

Tourist-Information im Rathaus
Strandstraße 5
26571 Juist
Telefon: +49 809 800

Zur Website oder E-Mail schreiben