Außenaufnahme Bio-Hotel Kenners Landlust, © TourismusMarketing Niedersachsen GmbH
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Aus Lie­be zur Na­tur


Ein herzliches Gespräch, ein Moment Stille, eine Wanderung durch die Natur. Barbara und Kenny Kenner wissen: Oft sind es die kleinen Dinge, die uns glücklich machen. Im Bio-Hotel Kenners Landlust liest sich diese Lebenskunst wie eine Ode an die Natur. Und die Gäste? Sie dürfen zu sich selbst finden. Porträt eines (ungewöhnlichen) Hotels.


Auf der Wiese lichtet sich der Nebel. Ein Vogelschwarm schwingt sich über die Felder in die Luft. Nur vereinzelt stehen Häuser an der Straße, die sich schmal durch den Wald windet. Sandfarben ist das letzte Haus in dem kleinen Örtchen Dübbekold inmitten des Göhrdewalds im östlichen Niedersachsen. Vor rund 20 Jahren haben Barbara und Kenny Kenner das Haus gekauft und darin ihren Traum verwirklicht: ein eigenes Bio-Hotel. Seitdem suchen sie ständig nach Stellschrauben, wie sie ihr Hotel noch umweltschonender gestalten können, tüfteln an neuen Konzepten für einen ressourcenfreundlichen Umgang mit der Natur. „Nachhaltigkeit ist eben ein Prozess,“ sagt Barbara Kenner, die sich gemeinsam mit ihrem Mann vieles selbst beigebracht hat. Wie die Berechnung des CO2-Fußabdrucks, für den Kenny Kenner jede verbrauchte Ressource, vom Stromverbrauch der Glühbirnen bis zum Wasserverbrauch der Gäste, protokolliert. Seit 2010 ist das Biohotel Kenners Landlust klimaneutral. Entscheidend dazu beigetragen hat das Blockheizkraftwerk, das im Keller steht und aus Biogas vor Ort Wärme und Strom erzeugt.

Rei­se zu sich selbst – Ent­span­nung im Well­nesst


An eine überdimensional große Muschel erinnert das Floatarium, in dem Gäste wegen des hohen Salzgehalts im Wasser für eine Weile schwebend der Schwerkraft entfliehen dürfen. Wenn sich der Deckel sachte schließt und weder Musik noch Licht vom Eigentlichen ablenken, beginnt die 60-minütige Entspannungszeit, in der Gäste sich „auf eine Reise zu sich selbst begeben können,“ erzählt Barbara Kenner. Dass das Floatarium energiesparend ist, war den Kenners eine Herzensangelegenheit: „Das Wasser wird gereinigt und recycelt, und auch der Stromverbrauch ist sehr niedrig“, erklärt die Hotelinhaberin. Wie das Floatarium sind auch Massagen und andere Wellnessbehandlungen auf Wunsch buchbar. In der Sauna aus Pappelholz und im Ruheraum dürfen sich alle Gäste rund um die Uhr wohlfühlen.

Das Durchatmen, die tiefe Entspannung – sie stellen sich nicht nur im „Wellnesst“ ein. „Wer bei uns übernachtet, muss eigentlich nur eines tun: gar nichts,“ sagt Barbara mit ihrem breiten Lächeln. Und es ist doch so: Wenn der Stress nachlässt, entsteht oft Raum. Zum Beispiel dafür, die Umgebung genauer wahrzunehmen. Und vielleicht entdecken Gäste dann auch die vielen Besonderheiten, mit denen das Hotel gestaltet ist. Was machen denn die Wolfsspuren an den Wänden und der Decke? Und warum ragt eine halbe Tasse aus der Säule in der Mitte des Ruheraums? „In unserem Hotel gibt es vieles zu entdecken und zu lernen. Wer möchte, darf zu uns kommen und uns fragen“, erklärt die Inhaberin das Konzept. Die Tasse in der Säule liest sich wie eine Metapher für einen langen Lebenszyklus. „Warum Dinge wegschmeißen, wenn man sie reparieren oder wiederverwerten kann?“ Von den geölten Holztischen bis zu der mit Herzchen geflickten Bettwäsche – die Kenners geben Acht auf Beständigkeit. Und die Wolfstatzen? Sie erinnern an das seltene Tier, das sich in den letzten Jahren in den Wäldern rund um das Hotel wieder angesiedelt hat.

Grü­ne Kü­chen­phi­lo­so­phie


In der Pfanne schmurgeln bereits die Zwiebeln. Flinke Hände schnippeln Möhren in kleine Würfel. Und aus dem Ofen strömt ein süßer Duft, der nach Kindheitserinnerungen riecht. Vegetarisches Curry, Kohlsalat, Kürbis-Gemüse und als Nachtisch Schokoladenkuchen werden heute in Form eines Buffets angeboten. Auch die Küchenphilosophie der Kenners ist im Einklang mit ihrem Nachhaltigkeitsgedanken. Im Vordergrund stehen Gemüsegerichte. Im Sommer sind die Schüsseln des Buffets mit knackigen Salaten und mediterranem Gemüse gefüllt. In den Wintermonaten wandern Wurzelgemüse und Kohlsorten auf die Teller. Ihre Produkte beziehen Barbara und ihr Mann von Bio-Bauern aus der Umgebung. Ein Verzicht? „Keinesfalls“, meint Barbara Kenner. „Viele Gäste sind total überrascht, wie vielseitig eine nachhaltige Küche mit viel Gemüse sein kann.“

Die na­tür­li­che Ord­nung der Din­ge


Efeu rankt an der Hauswand empor. Ungezähmt wachsen Gräser an den Rändern des Gartens, auf dem Boden liegen Häufchen aus Geäst. Der Garten des Hotels wirkt wild, und doch folgt hier alles einer gewissen Ordnung: „In der Natur hat alles seinen Platz“, weiß Barbara Kenner, die nur wenig in den Naturgarten der Anlage eingreift. Damit gibt sie Tieren ein Zuhause: Im Efeu haben Vögel im Frühjahr ihre Nester gebaut, und Igel finden in den Wintermonaten im Gehölz und den Laubhäufchen ihren Unterschlupf. Vor allem in der Morgendämmerung, wenn auf dem Spielplatz inmitten des Gartens noch keine Kinder toben, wagen sich Rehe und Füchse ganz nah ran an das Grundstück. Auch Biber, Störche und andere Wildtiere können in der Natur rings um das Hotel beobachtet werden.


Im Kamin knistert das Feuer. Barbara krempelt die Ärmel hoch und legt noch ein paar Scheite nach. Bis unter die Decke des Kaminzimmers reihen sich die Bücher, in denen Gäste nach Herzenslust schmökern dürfen. Sofa und Sessel vor dem Kamin, die Holztische vor den großen Fenstern, sie laden dazu ein, ein Weilchen sitzen zu bleiben, zu lesen oder sich mit anderen Gästen auszutauschen. Einen Ort der Begegnung wollten die Kenners mit ihrem Bio-Hotel schaffen. Darum gibt es hier auch eine Teeküche mit einer gemütlichen Eckbank und einer breiten Auswahl an Tees, Kaffeevariationen, biologischen Säften und Weinen. Ein paar ihrer Gäste haben sich so wohl gefühlt, dass sie geblieben sind. 2018 ist die Lebensgemeinschaft LebensLust entstanden, deren mittlerweile acht Mitglieder auf dem Gelände wohnen und zum Teil auch dort arbeiten. Gemeinsam wurde das Naturzimmer gestaltet, dessen Interieur, vom Dinkelschmelzkissen bis zur Latexmatratze, aus nachhaltigen und biologischen Materialien gefertigt wurde. Auch Lars Donkor, Barbara Kenners Cousin, packt mit an: Als neuer Geschäftsführer hat er unter anderem die Planung für den Bau der neuen Baumhäuser übernommen. Der Gemeinschaftsgedanke, der tagtäglich im Hotel gelebt wird, kommt bei den Gästen an. „Viele unserer Besucher kommen, weil sie sich bei uns wie zu Hause fühlen können,“ sagt Kenny Kenner. Ein schöner Gedanke: Bei den Kenners darf die Natur Natur sein, und der Mensch so bleiben, wie er eben ist.